Boatlife: Leben auf Hoher See
Immer mehr Menschen suchen nach grenzenloser Freiheit – und einige finden sie auf einem Boot. Ob im Sabbatical, als temporäres Homeoffice oder als alternativer Lebensstil ohne feste Wohnung: Auf hoher See wartet das große Abenteuer.
Die Freiheit des Segelns
Der Wind weht durch die Haare, die Gischt spritzt ins Gesicht, und man segelt der Sonne entgegen. Die Vorstellung, um die Welt zu schippern, ist der Inbegriff von Freiheit. Kein Wecker, kein Berufsverkehr – kein Hamsterrad, aus dem man ausbrechen muss. Auf dem Meer gibt es unendlich viel Zeit und Platz. Man badet, wann und wo man will, und ankert in den schönsten Buchten zum Schnorcheln oder Tauchen. Das Abendessen fischt man selbst, und der Sternenhimmel leuchtet so hell wie nirgendwo sonst.
Der Weg ist das Ziel
Beim Boatlife ist der Weg das Ziel, und jeder Tag bringt ein neues Abenteuer. Der Trend geht hin zu Slow Travel: sich treiben lassen und die schönsten Orte hautnah erleben. Outdoor-Reisen sind seit der Pandemie besonders beliebt, da viele Menschen wieder den Kontakt zur Natur suchen und ihre Komfortzone verlassen wollen. Immer mehr Menschen leben diesen Traum, sei es auf Zeit oder als langfristigen Lebensentwurf.
Weniger ist mehr
Boatlife bedeutet nicht nur Freiheit, sondern auch Reduktion. Man trennt sich von Überflüssigem, denn auf einem Boot ist nur Platz für das Nötigste. Schicke Kleidung bleibt zu Hause, und ausgedehnte Shoppingtouren an Land sind eher selten. Wer auf ein Boot zieht, muss entrümpeln – im Kopf und im Kleiderschrank. Ein Segelboot ist wie ein Tiny House: Rückzugsplätze sind rar. Viele, die lange auf einem Boot leben, sagen, dass sie dadurch gelernt haben, mit weniger auszukommen und den Moment mehr zu schätzen.
Leben und Arbeiten auf dem Wasser
Das Leben auf dem Boot bringt eine neue Balance zwischen Arbeit und Vergnügen. Digitale Nomaden nutzen ihr Boot als schwimmendes Büro. Früher war das schwierig, doch heute gibt es fast überall Internetzugang über lokale SIM-Karten. Im Hafen ist oft WLAN verfügbar, auch wenn es nicht immer stabil ist. Gelassenheit ist hier das Schlüsselwort, denn Herausforderungen müssen kreativ und entspannt gemeistert werden. Gleichzeitig ist Disziplin wichtig, da E-Mails regelmäßig gecheckt werden müssen, auch wenn das Meer verlockend türkis schimmert.
Charter oder Kauf?
Bevor man sich ein Boot kauft, sollte man es ausprobieren. Durch Chartern kann man testen, ob das Leben auf einem Schiff einem liegt. Gegen Aufpreis gibt es auch einen Kapitän. Man kann sich auch einer Crew anschließen und gegen Mithilfe an Bord kostenlos reisen. Diese Praxis nennt sich „Hand gegen Koje“. Alternativ gibt es Boot-Tramper, die per Anhalter reisen. Hotspots für solche Reisen sind Las Palmas, Gran Canaria und die Kapverdischen Inseln.
Flexibilität ist ein Muss
Katharina Charpian, Autorin von „Boatlife – Leben und Freiheit auf dem Wasser“, betont die Notwendigkeit von Flexibilität. Ob allein, als Paar oder in der Gruppe – wer sich für das Bootsleben entscheidet, wird täglich mit neuen Herausforderungen und atemberaubenden Erlebnissen konfrontiert. Man muss immer einen Plan B und C parat haben. Reparaturen, Wäsche waschen und Trinkwasser besorgen gehören zum Alltag. Diese Aufgaben bieten eine perfekte Balance aus Abenteuer und Entspannung.
Hunde an Bord
Das Leben auf einem Boot zeigt schnell, ob man als Team funktioniert. Wichtig ist, sich Freiräume zu schaffen und Rückzugsmöglichkeiten zu bieten. Viele nehmen ihre Hunde mit aufs Boot. Diese gewöhnen sich erstaunlich schnell an das Leben an Bord. Während des Segelns tragen die Hunde Rettungswesten und sind mit Leinen gesichert. Auch hier gilt: langsam beginnen und die Fahrten nach und nach verlängern.
Achtung, Suchtgefahr!
Welches Boot passt zu welchem Lebensstil? Wochenendsegler wählen Boote von sechs bis acht Metern Länge mit Minikajüten. Paare bevorzugen Boote von zehn bis zwölf Metern, und Familien leben oft auf Yachten von 40 bis 50 Fuß. Ähnlich wie beim „#vanlife“ gibt es beim „#boatlife“ eine große Online-Community. Man hilft sich gegenseitig mit Tipps zu Booten, Routen und Anlegestellen. Netzwerke wie Ocean Nomads und die Young Cruisers’ Association bieten wertvolle Unterstützung und ermöglichen Verbindungen zu Gleichgesinnten.
Das Boatlife ist ein großes Abenteuer – aber Vorsicht: Es macht süchtig. Denn das Meer lässt einen nicht so schnell wieder los.